Frau Dr. Moormann & ich (Elke Heidenreich)

Auf der Frankfurter Buchmesse hatte ich kürzlich die Gelegenheit Elke Heidenreich live zu erleben. Für die Sendung Aspekte wurde sie interviewt und befragt auch nach ihrem neuesten Streich Frau Dr. Moormann & ich. Der Veranstaltungsraum im Messeforum war bis auf den letzten Platz gefüllt und spätestens als Frau Heidenreich zu lesen begann, gingen zahlreiche Handys in die Höhe und alle hingen an ihren Lippen:

Eine solche Atmosphäre kann man sich mit der Hörbuchfassung von Frau Dr. Moormann & ich nach Hause holen und sich auf das Allerbeste unterhalten lassen. Die ungekürzte Live-Lesung Heidenreichs aus dem Literaturhaus München, gebrannt auf zwei CDs, ist erhältlich bei Random House Audio (vielen lieben Dank für das Besprechungsexemplar!). Sie ist etwas besonderes, weil sie eben einmal nicht im Studio durchchoreographiert wurde, sondern durch die Stimmung im Saal und Heidenreichs Spontanität belebt wird und es fühlt sich so an, wenn man die Augen schließt, als säße man mit ihm Saal während Elke Heidenreich drauflosplaudert. Mich hat sie erneut mit Begeisterung eintauchen lassen in den heidenreichschen Kosmos. Wieder stelle ich fest: Keine/r kann ihre Geschichten besser vortragen als sie selbst, so gerne habe ich dabei ihre Stimme, ihren Tonfall, ihr Augenzwinkern im Ohr.

Ihrem Publikum im Literaturhaus München erzählt Heidenreich eine Freundin habe ihr geschrieben, das sei wieder ein schönes Kinderbuch für Erwachsene geworden und so sei es wohl. Eigentlich habe sie ja über Bären schreiben wollen, sagt Heidenreich, dann über ihren Mops und auch über eine Nachbarin, dann habe sich alles miteinander verhudelt und Frau Dr. Mohrmann & ich sei dabei herausgekommen und nein, das werde sie oft gefragt, die Frau Doktor habe nichts mit ihrer aktuellen Nachbarin zu tun, die eine Nette sei, mit einer ihrer Verflossenen habe sie aber wohl einiges gemeinsam, anderes sei aber einfach nur ausgedacht.

Lasst mich noch ein paar Worte zur Ausstattung dieses Hörbuchs verlieren, bevor ich es vergesse, weil das MUSS! Michael Sowa hat die Illustration von Heidenreichs Erzählung übernommen und ich liebe, liebe, liebe sie! Nicht nur weil ich ohne meinen Teddy so einiges wohl nicht überstanden hätte und auch wenn ich keinen Mops habe, verstehe ich sowohl Loriot, für den ein Leben ohne Mops zwar möglich aber sinnlos gewesen ist, als auch Elke Heidenreich. Ganz liebevoll sind die CD Scheiben mit Motiven bedruckt, ein kleines Booklet ist beigefügt, das in der Machart an ein Pixi-Büchlein erinnert. Einpackt ist alles in eine Hörbuch-Kartonage die diesen Bilderbucheindruck komplettiert. Weihnachten ist ja nicht mehr weit, ich verschenke selten Hörbücher, dieses hier kommt aber auf meine diesjährige Geschenkeliste. Also nicht meine Ausgabe. Die bekommt gleich einen Ehrenplatz in meinem Hörbuch-Regal, Cover nach vorne!

Aber jetzt zur Sache. Worum geht es? Na, Nomen est omen in diesem Fall. Es geht um Frau Heidenreich persönlich, ihre Nachbarin Frau Dr. Moormann, einen Mops, Klaviermusik, viel Laub, ein bisschen Zoff, ums Schneeschippen, um Gartenzäune, Schachbrettblumen, Teddybären und eigentlich auch um ganz schön viel Leidenschaft.

Alles hat einen Anfang, vieles nimmt kein Ende. Diese Geschichte hat eines, aber davon verrate ich nichts, ich erzähle mal von ihrem Anfang. Am Anfang steht Fritz. Fritz heißt Elke Heidenreichs erster Bär, er zog bei ihr ein, da war sie etwa sechs und er wohnt heute immer noch bei ihr. Zusammen mit Karl, einem schwarzen Bären, der blaue Augen hat. Beide haben ein paar Jahre ihres Bärenlebens in Schränken verbracht, sitzen jetzt aber wieder auf Sofas und Fensterbänken. Aber nicht immer. Es gibt da durchaus Grund zur Annahme, das die Bären des Nachts oder auch wenn man die Wohnung verlässt Unfug treiben. Hatte Frau nicht den Klavierdeckel nach dem Üben verschlossen? Das macht sie immer so, wie ein Uhrwerk. Beim Nachhausekommen ist er jedenfalls offen und die Sache mit dem Leberwurstbrot, den Resten davon auf dem Küchentisch, also die ist auch wirklich seltsam.

Ich schmunzle und schaue auf meine, unsere, Bärensammlung. Jeder von ihnen, mein Mann brachte zwei mit in die Ehe, hat uns in einer bestimmten Lebensphase beigestanden. Sie heißen Picobello, James oder Kossi, waren/sind Trostspender, bezeugen unsere Kindheit, kennen Geheimnisse und Ängste, die wir nur Ihnen anvertraut haben. Haben nach all den Jahren ein räudiges Fell, blanke Stellen, dort wo man sie häufig an sich gedrückt hat. Wahrscheinlich kennen sie uns besser als wir selbst.

Zur Lesung hat Frau Heidenreich ihre Bären mitgebracht, das Publikum reagiert begeistert, auch als sie berichtet, dass sie einen ihrer Bären aus Korea importiert hat, der landet in der Geschichte bei Frau Dr. Moormann und das sie seitdem ein klein wenig netter ist, also manchmal, das kann kein Zufall sein. In diesen Sequenzen blitzt die Kinderbuchanmutung der Geschichte auf. Man fühlt sich wohl mit ihr. Erkennt so manche Eigenart, vielleicht an sich, vielleicht die eines Nachbarn. Früher oder später hat jeder seinen Streit am Gartenzaun oder Balkongeländer, weil mit der Rücksicht ist das ja immer so eine Sache und die Empfindlichkeit und Befindlichkeit derer, mit denen wir Wand an Wand, respektive Zaun an Zaun leben, will ja erst einmal verstanden sein.

Ein Mops namens Gustav bringt hier die Wende und reichlich Sprichwörter aus Osnabrück, der Schweiz, Finnland und anderswo die Würze. Im Interview auf der Buchmesse gibt Elke Heidenreich an, sie habe sie samt und sonders selbst gedichtet. Kann das sein, es klingt so überliefert und passt so gut!

Elke Heidenreich, hat in diesem Jahr ihren achtzigsten Geburtstag gefeiert. Als Schriftstellerin, Moderatorin und Literaturkundige erfreut sie uns schon seit vielen Jahren mit ihren Beiträgen, Texten, Empfehlungen und ihrer so unfassbaren Beobachtungsgabe. Ihr Humor, ihre Schlagfertigkeit, suchen ihresgleichen, sind unverwechselbar und ich bleibe ihr Fan. Am Ende des Beitrags verlinke ich Euch zwei weitere Hörbücher von ihr, die ich ebenfalls sehr gern gemocht habe. Ich für meinen Teil, freue mich auf alles was da noch kommt und auch wenn die Begegnung mit Frau Dr. Moormann, nur kurz ist, es hat in der ungekürzten Hörbuch-Fassung rund 1 Stunde 15 Minuten Spielzeit, macht sie richtig Laune. Überhaupt ist es eine richtige Gute-Laune-Geschichte, eine freundliche auch, trotz Miesepetersein, an der man sich wärmen kann. Nicht nur an Regentagen!

Verfasst von:

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert