An der Nordseeküste, im Mai 2022.
In den Ferien auf dem Meeresboden spazieren gehen. Das wär’s. Dacht’ ich mir. Nach der Lektüre von Mathijs Deens Der Holländer brannte wieder dieses Sehnen in mir. Da hilft nur Koffer packen und hin, in den Nationalpark Deutsches Wattenmeer. Um zu spüren. Die Faszination der Gezeiten. Dieses Licht. Strukturen, die das Meer hinterlässt, wenn es kommt und geht. Jede Stunde, jeden Tag anders. Warum war ich so lange nicht hier? Frag ich mich mal barfuss und mal mit Gummistiefeln. Bin viel zu viel draußen, lese viel zu wenig. Die Haare stehen vor Salz und mir in Büscheln ab. Schon vom Bett aus kann ich es diesmal sehen und vor dem Zubettgehen wieder. Sonnenuntergänge gibt es obendrauf. So muss das! Watt satt will ich haben. Kann ich. Endlich, hier –
Am Piraten Meer Gummistiefel an und raus. Morgenluft und Stille rufen. Laut nach mir. Die Möwen auch. Nie gleich und mit deiner Flut alle Spuren jeden Tages tilgend wartest du auf mich. Geduldig, die Gezeiten verschiebend. Mit Wurmhäuflein und Krabben. Muschelscherben und Pfützen. Die ich überspringe. Wandernd über deinen Grund. Himmel ohne Wolken. Wind auf meinen Ohren. Schlick zwischen den Zehen, Sonne im Gesicht und schäumende Gicht. Dünen, Salzwiesen, mein Watt. Silbern schimmernd und schmatzend satt. Es fiept im Schilf, meine Sehnsucht huscht über hölzerne Pfade. Puderzuckersand. Komm, nimm meine Hand und fotografier' auch meinen Schatten. Blätter wie Herzen. Flackernde Kerzen. Suppe dampft auf Tellern, wärmt mir den Bauch, und ein Wein aus der Heimat die Seele. Die Nacht zieht auf. Das letzte Licht des Tages zeichnet Wellen aus Gold und Menschlein schmal wie Striche. Blinzelnd streift mein Blick die Ferne. Kleiner roter Kutter am Horizont, ziehst meinen Blick auf dich, suchst deinen Weg so wie ich, am Saum des Meeres. (c) Petra Kuhn
Euch allen da draußen erholsame Ferien, wann auch immer, wo auch immer. Der rechte Platz ist nicht immer da wo man ihn vermutet. Ist das nicht wunderbar?
Eure Petra
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