Silke Scheffel schreibt nur für mich. Das Gefühl habe ich immer. Wenn ich lese was ihr so einfällt. Sie sieht was ich sehe. Oft was ich nicht sehe. Übersehe. Tief in mir drin. Sie fasst in Worte, wo sie mir fehlen. Benennt was ich gerne ausdrücken würde. Wie eine seltene Gemme, ein Funkeln im Stein, leuchten ihre Sätze. Oft liegt ein Schimmer auf ihnen, er könnte der Widerschein einer Blüte sein, weich ist er wie Moos, manchmal kühl wie ein Schatten, der mich an einem Sommertag streift. Angenehm und tröstend. Ein Schatten, der mir Rast und Einkehr verspricht. Mir Stille und Erholung gönnt.
Das haben ihre Verse mit meinem Garten, unserem Garten gemeinsam. Der mir viel bedeutet. Ja, er kostet auch. Schon. Kraft, Energie und Zeit. Dafür gibt er mir mit jeder Blüte, jedem Halm Ruhe und erdet mich. Lässt mich Auf- und Durchatmen. So wie jedes Wort von ihr:
<auf dem Garten lag eine Hand, stickte Astern ins Gras, grub Birnen, unter die Buchen legte sie meine Sorgen, deckte sie zu mit Perseiden, die sie nachts mit dünnen Fingern aus dem Himmel griff, mir tief ins Hagebuttenhaar gesteckt, im Schlaf versprach sie mir Planeten>
Silke Scheffel – und blühen im Garten nach innen
Pionierbäumchen, windbestäubte Lichtbaumarten. Dämmergrün – so nennt man das, wenn das Dunkel sich auf den Garten legt, lehrt mich Silke.
Dann, wenn sich Sternendecken darüber ausbreiten, leuchten meine Mageriten besonders hell, strahlen mit dem Mondlicht um die Wette. Jetzt lausche ich auf das Quaken unseres Frosches, auf das Atmen meines Apfelbaumes, der alt geworden ist, seine Rinde rauh und aufgeplatzt an Stellen, wo das Leben aus ihm weichen will. Noch halte ich an ihm fest. Tröste mich damit, dass er auch das übersteht. Verzichte auf seine Früchte, damit er sich erholen kann. Auch für mich war das bislang ein hartes Jahr und wer weiß, vielleicht spürt er das gar?
Silke sagt, etwas stapelt die Dunkelheit, Augen streifen Buchenschatten vor Purpurmond und Pappelwolken Wimpern wie Federn. Ihren Gedichten versagt sie hingegen eine Überschrift, einen Name, einen Titel. Jede Zeile könnte es sein, die Wichtigste, die Schlagkräftigste. So schreibt sie. Immer. Ihre Satzzeichen, wenn vorhanden, verschiebe ich mir, bis die Satzbedeutung in mir klingt.
SILKE SCHEFFEL, geboren 1986 in Konstanz, lebt mit ihrer Familie in München. Seit 2021 schreibt und veroffentlicht sie vor allem Lyrik. Im Frühjahr 2023 erschien ihr erster Lyrikband bitte Umgebung!

Ich verlinke sehr gerne an dieser Stelle meine Besprechung dazu. Klickt auf das Coverfoto und hüpft rüber.
Die kleine,feine Sammlung ihrer Verse mit dem Titel <und blühen im Garten von innen>, ist bei SUKULTUR erschienen. Der Independent Verlag steckt nicht nur Lesehefte in Automaten, sondern hat sich mit seiner grünen Reihe auch einem meiner literarischen Lieblingsreviere, dem Garten, angenommen. Ich zitiere aus der Programmbeschreibung, weil mich diese sofort gekriegt hat:
“Texte über den, aus dem, durch den und für den Garten. Es geht um praktische Tipps, theoretische Überlegung, betrachtende Begeisterung, wütende Analyse, peinliche Erkenntnis, betrübten Befund und das Erlebnis der Schönheit.”
Wer, wenn nicht Silke Scheffel, meine Herzensdichterin, mit ihrem klaren, fokussierten Blick für alles was wächst könnte da besser hinein passen? Eben. Ich sag’s ja und was ich noch sage ist: Silke, bitte schreibe weiter für uns, ich sehne jeden Vers herbei, besonders wenn er sich so anfühlt wie dieser hier …
<nur im Sommer fallen Wünsche und abgestorbene Sterne in die aufgelockerten Beete bei Nacht >
Silke Scheffel – und blühen im Garten nach innen
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