Donnerstag, 20.12.2018
Eben fällt mir auf, ich bin irgendwie vom Weg abgekommen. Normalerweise ziehe ich schon seit Jahren in der Adventszeit mit Peter Jackson’s Hobbits um die Häuser. Mit Sechzehn habe ich Tolkiens Hobbit und den Herrn der Ringe verschlungen. Lange galt sein Fantasy Epos als “unverfilmbar” bis Jackson anfing diese Geschichte in Bildern zu erzählen und mich als Fan gewonnen hat. Ich liebe seinen Directors Cut, die Schauspieler, die er für die Rollen besetzt hat, allen voran Orlando Bloom als Legolas – seine Leichtfüßigkeit – herrlich!
Beim Stöbern durch die bunte Welt der Streamingdienste habe ich vergangene Woche diese Roman-Verfilmung von Ransom Riggs entdeckt und beschlossen diesmal den Advent mit den “besonderen Kindern” in Wales zu verbringen, statt in Mittelerde, konnte sogar gleich noch einen Abstecher ins sonnige Florida machen, wo der Held dieser Geschichte aufwächst. Dies mit den Geschichten, die ihm der Großvater am Abend erzählt, und die von einem Kinderheim handeln, indem dieser von seinen Eltern untergebracht worden war. In der Gesellschaft wahrhaft besonderer Kinder war sein Opa dort glücklich gewesen. Die immer gleichen vergilbten Fotos zieht er für seine Erzählungen zur Nacht aus einem schmucken Holz-Kästchen hervor, Jake kennt die Abenteuer längst auswendig und lauscht trotzdem jedes Mal wie gebannt …
Die Insel der besonderen Kinder (Ransom Riggs)
Der Tag an dem Jake seinen Großvater tot im Wäldchen hinter seinem Haus auffindet verändert alles. Er war heute dran und sollte nach seinem Job im Supermarkt auf ihn acht geben. Sein Vater hatte wieder einmal keine Zeit. Die Tage des Großvaters waren zunehmend von einer Demenz verschattet, ohne Betreuung war es mittlerweile sehr schwierig und heute hatte Jake schon unterwegs ein Anruf seines Opas erreicht, ein völlig aufgelöster, verstörter, indem der Opa fragte wo denn der Schlüssel zum Waffenschrank sei. Sein Vater könne doch nicht ernsthaft wollen, dass er seinen Angreifern völlig unbewaffnet entgegentrete.
Als Jake das Haus seines Großvaters endlich atemlos erreicht, findet er es komplett verwüstet vor. Der Zaun hinter dem Haus ist niedergedrückt und sein Opa verschwunden. Als er ihn am Boden liegend, ohne Augen, im Wald hinter dem Haus findet, haucht dieser mit seinem letzten Atemzug noch einen Satz aus. Jake müsse nach Wales reisen und in die Schleife eintreten.
In Jake löst dieser Vorfall ein Trauma aus, ohne psychologische Hilfe kommt er nicht mehr klar und schließlich ist es dann seine Therapeutin, die seine Eltern ermuntert ihn tatsächlich nach Wales zu schicken, um nach diesem Kinderheim zu suchen, damit er wenigstens dort vom Großvater und seinen Geschichten Abschied nehmen, abschließen könne. Diese Konfrontation könne ihn vielleicht noch einmal einen entscheidenden Schritt weiterbringen und ihn von seinen Ängsten und Albträumen befreien, die sich seither in ihm festgesetzt haben. Es ist zwar einiges an Überzeugungskraft nötig, aber dann brechen Vater und Sohn tatsächlich nach England auf und finden im Wald in der Nähe einer kleinen, verträumten walisischen Ortschaft die Ruine des Kinderheims, in dem der Großvater damals lebte. Bei einem Bombenangriff im Jahr 1943 war dieses komplett ausgebrannt und niemand hatte dieses Inferno überlebt.
Jake ist enttäuscht und wandert ziellos in dem alten verfallenen Gemäuer umher. Ein Geräusch schreckt ihn auf, am Ende des Ganges nimmt er eine helle, geisterhafte Gestalt wahr, die eines Mädchens …
Nicht die Geister die ich rief, vielmehr die Monster die ich schuf wäre hier ein passende ÜBerschrift für mich. Auf märchenhafte Art und Weise mischt Riggs eine Prise von Marvels X-Men mit Harry Potter Elementen, Zeitschleifen, fügt noch ein wenig Frankenstein-Touch hinzu. Die Geschichte transportiert so einen Appell an die Toleranz denen gegenüber die anders sind, wie es nur die Fantasy kann, dies Altersstufen übergreifend.
Riggs läßt Skelette steppen, Schiffs-Wracks auferstehen, mit Blicken versteinern und die Freundschaft siegen. Liebevoll werden Besonderheiten betrachtet, gleich wie schräg sie auch sind. So wird schnell über Metaphern klar, dass es alles andere als einfach ist, anders zu sein.
Leichter als Luft sein, so dass man mit schweren Bleischuhen leben muss, um nicht davonzuschweben. Unsichtbar sein, Bärenkräfte haben oder in seinem Körper einen ganzen Bienenschwarm beherbergen. Mit den eigenen Händen alles entzünden können was man berührt. Das sind nur einige der Eigenschaften der Kinder, die in der Obhut von Mrs. Peregrine im Heim Obdach gefunden haben und die sonst Verfolgung leiden würden. Sie hat ihnen ein Refugium, einen Schutzraum geschaffen und sie kann noch mehr! Sie kann die Zeit manipulieren und hat eine Tages-Zeitschleife geschaffen, in der sie wie in einem Kokon leben, abgeschottet von der Außenwelt des Jahres 2016. Hier ist es immer 1943, und zwar der 23. September, der Tag, des Bombenhagels.
Der Film ist schön fotografiert, effektvoll und bis in die Nebenrollen prominent besetzt mit Judi Dench und Samuel L Jackson als Bösewicht. Kostümisch fantasievoll ausgestattet und sehr gut animiert. Mit Jacksons Hobbits würde ich ihn nicht auf eine Stufe stellen, aber eine gelungene Verfilmung scheint er mir dann doch zu sein. Dies behaupte ich jetzt ohne die Roman-Vorlage zu kennen. Star-Regisseur Tim Burton hat hier ganze Arbeit geleistet und ich habe eindeutig Blut geleckt, mich schon mal umgeschaut welche Bände noch erhältlich sind. Folge 2 und 3 sind auch in einer Hörbuch-Download Fassung verfügbar, na – wenn das nix für mich ist.
Für den 1.3.2019 ist sogar ein 4. Band der Reihe in deutscher Übersetzung angekündigt, “Der Atlas der besonderen Kinder” soll er heißen. Es gibt wohl noch so einiges zu erleben im Land der Zeitschleifen der Pfeife rauchenden Miss Alma LaFay Peregine …
Die Cover lege ich Euch hier mal ab:
Mit Bildern erzählen ist schon auch eine tolle Sache, wenn ein Autor bildhaft schreiben kann, ist das Genre Fantasy aber ein völlig unterschätztes, besonders wenn es darum geht junge Erwachsene an das Lesen heranzuführen. Hier lassen sich toll auch ernsthafte Botschaften unterhaltsam verpacken … LG von Petra
Als Film mag ich Fantasy – als Buch nich so gern!!