Nachts im Wald (Kilian Schönberger)

“Obwohl Nächte die Hälfte unseres Lebens ausmachen, ist uns die Dunkelheit fremd geworden. Nur vor dem Einschlafen, wenn die Schwärze der Nacht in unsere Schlafzimmer vordringt, erleben wir sie noch in voller Intensität. Dann sind wir gezwungen, und mit der Dunkelheit zu arrangieren.”

Textzitat Kilian Schönberger Nachts im Wald

Wenn ich ehrlich bin, habe ich bislang nur eine einzige Nachtwanderung unternommen. In meiner Konfirmandenzeit, in einer Freizeit und in einer Gruppe, nicht allein. Geendet ist sie unschön, weil ich im Dunkeln in einen Kuhfladen getreten bin und es den Rest der Nacht in unserem Vierbett-Zimmer ziemlich gestunken hat. Zugegeben furchtsam bin ich damals dem Schein meiner Taschenlampe gefolgt, habe auf jedes Rascheln im Unterholz gelauscht und ich Angsthase war dabei ziemlich unentspannt.

Kilian Schönberger ist als bedeutender deutscher Landschaftsfotograf da deutlich professioneller unterwegs. Er plant genau, wann er aufbricht, wie das Wetter sein wird, wenn er dem Nebel auf der Spur ist. Nutzt die für Fotografen so wertvollen Blauen Stunden, vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang, wenn der Erdschatten den Horizont an den Rändern abdunkelt und für diese besondere Lichtstimmung sorgt.

Nachts im Wald mit Kilian Schönberger …

wirft der eigene Körper einen langen Schatten auf den Weg voraus. Nur ein paar wenige Kostproben seiner grandiosen Aufnahmen habe ich zu Beginn dieses Beitrages hier für Euch in einer Collage aus zusammengefügt und schon ist man verzaubert, nicht?

In diesem wunderschönen Buch gibt es reichlich von ihnen und reichlich Staunen für mich. Es eignet sich als Coffee-Table-Book genauso gut, wie für einen Abend am Kamin oder für die Dämmerung auf der Terrasse. Ich werde es sicherlich noch öfter in die Hand nehmen, auch weil ich es mich nicht traue in der Nacht alleine draußen im Wald zu sein. Weil das in mir eine Urangst weckt, nicht nur die vor Wölfen. An die 1.300 von ihnen gibt es wieder in deutschen Wäldern, weiß Schönberger und einem Exemplar ist er tatsächlich auch begegnet, hat es sogar fotografieren können.

Betritt man den Wald bei Dunkelheit, jenseits aller Lichtverschmutzung, betritt man unweigerlich ein magisches Reich, eines in dem Märchen wohnen und in Gespensterwäldern, wie in dem auf Rügen, vielleicht auch andere, als freundliche Baumgeister … Wie bleiche Knochen heben sich dort Äste und Stämme vor dem Nachthimmel ab, so als griffen kalte Hände nach einem ungebetenen Besucher.

Ich komme ganz schön rum auf diesen “nur” 207 Seiten und mit Kilian Schönberger auf seinen Exkursionen. Erlebe mystische Nebelmeere und majestätische Felsformationen ebenso wie einen Fotografen, der platschend samt Ausrüstung ins Wasser fällt, im Gedränge um das beste Foto am Hintersee des Königssees, im Berchtesgardener Land, seinen Kollegen DAS  Foto der perfekten Spiegelung ruinierend.

Neben seinen schönen Fotos weiß Schönberger auch wissenswertes über Lichtverschmutzung, Nachtfotografie und die schönsten Wälder Deutschlands zu vermitteln. Nur zu gerne hätte ich einmal einen großen Bildband von ihm auf den Knien. Bis dahin folge ich ihm auf Instagram, wo er seine besten Aufnahmen mit uns teilt. 

Kilian Schönberger, geboren 1985 in Tännesberg in der Oberpfalz, ist Diplom-Geograf und arbeitet als freier Landschaftsfotograf seit 2012. Er lebt in der Nähe von Köln und seine Themen sind Wald, Berge und Nebel. Unprätentiös gibt er sich in diesem seinem Wanderbericht, der seine Fotos begleitet und begibt sich zunächst hinter dem Gartentor seines Elternhauses, mit Buchstabenkeksen, Schlafsack und Tee in der Aluflasche, auf eine Wanderung in die Dunkelheit des Waldes und auch zu sich selbst.

Im Abendlicht der Sonne flirrten Staubteilchen, und ein Mückenschwarm tanzte an der Grenze zwischen Schatten und Licht. Auf dem nächsten Kilometer warf die tief stehende Sonne meinen Schatten lang gestreckt auf den Weg vor mir. Es sah so aus, als würde ich mir selbst folgen – was in gewisser Hinsicht auch stimmte.”

Textzitat Kilian Schönberger Nachts im Wald

Er entführt mich in der Abenddämmerung und in der Nacht ins Krabatland von Ottfried Preußler, in das Naturschutzgebiet Dubringer Moor in der Lausitz, in den Schwarzwald, die Sächsische Schweiz, wo mich Dutzende Glühwürmchen begleiten wie lebendige Lampignonketten.

Nirgendwo kann man die Milchstraße besser sehen als hier im Siebengebirge, im Fledermausland. Im Kellerwald scheint es, als gäbe es Baumbart aus der Tolkien-Welt wirklich. Dick mit Moos bepackt sind Wurzeln und Äste.

Im Fichtelgebirge erstarren im Winter unter dicken Schneeschichten Bäume zu Fantasiegestalten. Minus 20 Grad und mehr wollen da in der Nacht ausgehalten werden, für das eine perfekte Foto …

Was für eine Leidenschaft, was für ein Einsatz diesen Aufnahmen zugrunde liegt. Ich bin mehr als beeindruckt und muss jetzt erst einmal meinen Mund wieder zukriegen …

Ein Buch das perfekt ist für die Zeit des schwindenden Lichtes, die uns jetzt wieder ins Haus steht. Ein Buch, das uns einlädt, auf der Grenze zwischen Tag und Nacht unser eigenes Abenteuer zu erleben. Jede Reise beginnt ja bekanntlich mit einem ersten Schritt und ich wage mich jetzt zumindest schon mal allein Nachts in unseren Garten. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, wusste schon Hermann Hesse und wer weiß wohin er mich führt, dieser Weg ins Dunkel …

Verfasst von:

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert