“Petras Bücher-Apotheke unterwegs” – diesmal zu einem der romantischsten Plätze in meiner Heimat Rheinland-Pfalz. Um auf Nummer sicher zu gehen, in Sachen Romantik meine ich, hatte ich meinen Mann mit dabei …
Der Ruinenpark Disibodenberg nahe Odernheim am Glan war unser Ziel an Pfingsten dieses Jahr.
Unser Weg führte uns zunächst steil bergan und nicht nur um Atem zu holen, hielten wir auf halber Strecke an. Den Kopf im Nacken, den Mund staunend geöffnet, den Blick gen Himmel, mitten hinein in einen Zedern-Wirbel gerichtet. Der erste von vielen mächtigen Bäumen, der uns bereits am Aufstieg begrüßte, sollte das sein – und ich der Wald-Fan war schon jetzt schwerst begeistert!
Verhangen war der Himmel zwar, und den Ratschlag der netten Dame im Museum hatten wir eben noch belächelt, der Blitz würde immer nur auf der Südseite einschlagen, wir könnten dann am alten Backhaus Schutz suchen, da hörten wir auch schon den ersten entfernten Donner. Lange sollte es dann auch nicht mehr trocken bleiben, die ersten Besucher flohen bereits und wir waren plötzlich allein. Majestätisch spannten alte Kastanien, Buchen und andere Beschützer ihr Blätterdach über uns auf und wir pirschten uns, unter unseren Regenschirm geduckt, weiter voran.
Die ersten Mauerreste, verfallene Torbögen, Portale, Säulen und Giebel wurden zwischen dem satten, dichten Laub sichtbar. Die Regentropfen perlten an ihm ab und für mich stand fest, ich war IHM verfallen, diesem dem Verfall anheim gegebenen Ort. Mystisch und zum Verlaufen weitläufig ist es hier. Wunderschön, fast wie in einem heimischen Wat Ankor, schlingen sich dicke Wurzeln um die Mauerreste. Dicke, grüne Moospolster bilden einen Teppich um den noch immer intakten Altar, auf dem heute die Vögel Hochzeit feiern.
Das sich hier, an diesem Fleck, dereinst ein Mönch namens Disibod als Eremit niedergelassen hatte, kann ich gut nachvollziehen. Um 1100 war dann das Kloster am Wachsen, selbst die Reste eines römischen Tempels hat man dabei mit verbaut. Obwohl im Krieg unversehrt geblieben, ließ man die Anlage in späteren Jahren verfallen, trug sie sogar als Steinbruch, für nahe gelegene Orte, beinahe ganz ab. Erst viele Jahrzehnte später, als die Kurbäder Kreuznach und Münster am Stein im Aufschwung waren, ließ man hier diesen Ruinenpark entstehen, als Naherholungsgebiet für die Badegäste.
Kaum vorstellbar, wenn man heute durch die Anlage läuft, aber wahr, der Disibodenberg mit seiner Klosteranlage war einst das Zentrum für die Christianisierung des Nahelandes. Hildegard von Bingen, Universalgelehrte, Kräuterkundige, politische Ratgeberin und Heilige begann ihr Wirken am Disibodenberg. Ihre ersten Visionen hatte sie hier, begann diese aufzuschreiben. In ihren Lehren, die zu der damals allgemein gültigen Meinung stark differierten, sollte sie sich immer wieder auf diese Visionen berufen. Die selbstbewußte, charismatische Frau verlieh dem Kloster Popularität. Ihre beinahe revolutionär anmutenden Ansichten, das asketische Leben der hier wohnenden Benediktiner Mönche betreffend, bescherten ihr zwar immer wieder auch Auseinandersetzungen mit dem Abt, aber selbst er wollte sie nicht gehen lassen, als sie ein eigenes Kloster zu gründen beschloß. Eine starke Frau, die unbeirrt ihren Weg ging, Ihr Geist scheint mir immer noch zwischen den Ruinen gegenwärtig. Wenn man die Augen schließt, kann man sie heute noch mit wehenden Rockschössen und einem Kräuterkorb im Arm durch den Kreuzgang zum Hospiz eilen sehen, während im nahen Backhaus geschäftiges Treiben herrschte …
Man soll halt nicht mit offenen Augen träumen! Wir haben uns tatsächlich verlaufen. Nein, keine Sorge, nach dem Sturzregen haben wir auf den schlammiger werdenden Pfaden zwar unsere Zeit gebraucht, aber wir haben wieder auf den rechten Weg zurück gefunden. Jeden Zentimeter Pfütze, jeden Schlammspritzer habe ich dabei genossen und zahlreiche Fotos zwischen den fallenden Tropfen hindurch geschossen. Schaut mal:
Unfassbar schön ist es hier und wir kommen wieder, nehmen dann einen anderen Weg und eine andere Jahreszeit. Wenn der Herbst hier die Bäume aufflammen läßt – ich will es mir gar nicht vorstellen, ich will es selbst sehen …
Wie schön! Ich wünsche Ihnen eine spannende gemeinsame Entdeckungsreise! Herzliche Grüße aus der Bücher-Apotheke.
Auch ich komme aus Odernheim und war als Kind schon fasziniert vom Disibodenberg und seinen Ruinen.
Habe jetzt spontan beschlossen dies alles meinem Mann zu zeigen.
Sehr gerne! Ich freue mich schon jetzt auf einen erneuten Besuch.
Hoffentlich lesen sehr viele (Politiker) diesen wundervollen Beitrag. Als Odernheimer danke ich ihnen von Herzen….