Die Bändigung des Weibs (William Shakespeare)

*Rezensionsexemplar*

Samstag, 06.04.2019

Hoppla, was ist das denn? So leicht bin ich als Vielhörer ja nicht mehr zu überraschen. Hier aber hat das Team um Markus Hahn, den Klassiker Die Widerspenstige Zähmung nicht nur abgestaubt, sondern ihm eine wahre Frischzellenkur verpaßt.

Für diese Hörspiel-Produktion konnten die beiden Sprecher David Nathan und Simon Jäger gewonnen werden und mir ist es immer noch ein Rätsel, wie nur zwei Sprecher mehr als dreißig! Rollen besetzen können und damit ein ganzes Ensemble geben, dies unterscheidbar und vielfältig. Das lässt nur einen Schluss zu: Zwei wahre Meister ihres Faches sind hier am Werk und sie zeigen virtuos große Spiellaune! Sie machen dieses Hörspiel nach einem Theaterstück zu einem echten Schauspiel für die Ohren.

Bevor ich jetzt aber gleich sage, Bühne frei, seid gewarnt, alle diejenigen unter Euch, die vom Winterschlaf nahtlos in die Frühjahrsmüdigkeit hinüber geglitten sind. Hier wird man geweckt, nicht nur mit Trompeten und Schalmeien, sondern auch mit Schnachern, Rülpsern und Fürzen!

Also, Vorhang auf, für ein trickreiches Mannsbild, vom Geld angelockt. Für ein kluges Frauenzimmer, Opfer seiner Zeit und für William Shakespeare mit Die Bändigung des Weibs:

Die Handlung selbst ist kurz und knapp auf den Punkt gebracht und soll von mir an dieser Stell’ nicht weit’re Ausschmückung erfahrn:

Eingebettet in eine Rahmengeschichte erfahren wir von einem reichen Kaufmann in Padua (Baptista). Dieser hatte dereinst zwei Töchter. Die jüngere (Bianca) fügsam und anmutig, die ältere (Katarina) klug, schön aber zänkig und widerspenstig. Nun wollte Baptista seine jüngere Tochter nicht eher verheiraten, komme wer da wolle, an Freiern fehlte es in der Tat nicht, bis denn die ältere unter der Haube sei. Ein gar schwierig Unterfangen, fürwahr. Da blieb denn also dem in Bianca verliebten Lucentio nur eines: Ein Mann für die ältere Schwester muss her …

Fortan wird gestritten und geflucht. Gezürnt und geliebt. Gezetert und gewettert was das Zeug hält. Es wird gezimpelt und gefachsimpelt, gelogen und betrogen auch. Es wird geschmachtet und getrachtet, geschachert, taktiert, paktiert und brüskiert. Geschimpft wird mit Worten, die ich noch nie gehört hab “Rammelköppigerschlappohrschuft”. Wie das Wort wohl im englischen Originaltext lautet?

Kiss me Kate, auch in der Musicalversion ist dieser Stoff von vermutlich 1592, aus der Feder Shakespeares, noch immer ein Garant für ein gut unterhaltenes PublikumDas obwohl das Stück uns modernen Frauen nicht nur die Nackenhaare zu Berge stehen lässt, in mir kocht und brodelt es, wie Katarina hier verbogen wird. Gar grausige Methoden sind aus jener Zeit überliefert, die zur “Zähmung” von Frauen eingesetzt wurden um deren Unterwürfigkeit zu erreichen. Nackt ausgezogen habe man sie und in Pferdehäute gewickelt! Soweit geht Shakespeare zum Glück nicht, hält aber dennoch seiner Zeit komödiantisch den Spiegel vor.

Heute wäre Katarina längst in ein Frauenhaus geflohen, hätte Petruchio wegen seelischer Grausamkeit angezeigt und eine einstweilige Verfügung erwirkt. Recht so!

Und ich, als Frau stehe ich mit beiden Beinen in der heutigen Zeit und im Beruf, ich gesteh’ Euch jetzt: Alle Empörung über die Unterdrückung von Frauen konnte nichts daran ändern, dass ich dieses Sahnebonbon von einem Hörspiel genossen habe. Unerhört, oder? Es ist halt ein Verführer, ein Ohrenschmeichler, ein Dauer-Lächel-Erzeuger. Das liegt nicht nur am Text, sondern besonders an der Inszenierung. Ich wähnte mich wirklich im Rang sitzend und sah all die Figuren vor mir auf der Bühne aufziehen.

Küss mich Käth’, die Wortduelle zwischen Katarina und ihrem Freier gleichen einem Fechtduell. Jede Wortspitze sitzt scharfzüngig und spitz, zuvor wird jedes Wort gewetzt wie ein Messer. David Nathan tobt, Simon Jäger zuckt zurück, mit den eigenen Waffen geschlagen …

Wie beim Tennis die Bälle, fliegen hier die geschliffenen Worte hin und her, jeder Vers gewogen und gemessen. In dieser wunderbaren Neu-Übersetzung wird deutlich wie wichtig Shakespeare Sprache war, wie sehr er ihren unterschiedlichen Gebrauch in den einzelnen Ständen unterstreichen wollte.

Effekte, Geräusche und Musik sind von der Lautstärke her im Verhältnis zum Text perfekt ausgepegelt. So kann man das Hörspiel sehr gut auch unterwegs genießen, z.B. bei einem Spaziergang im Wald. Das macht echt Laune!

Die etwas mehr als zwei Stunden Hörzeit sind mir wie im Flug vergangen und ich, ich versuch mich am End mal als “Shakespeare für Arme” …

Nun also dann
tretet näher heran
liebe Noch-Zaun-Gäste
fühlt Euch geladen 
zu diesem Feste

Nehmet reichlich Platz,
denn hier findet sich ein Schatz.
Ich denk, auch Ihr sagt hernach dann,
was hatte ich für eine Freude daran!
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