Das besondere Kräuterkochbuch (Jekka McVicar)

Jamie Oliver, britischer Gastronom und erfolgreicher Fernsehkoch, dessen Kochbücher auch viele deutsche Herde erobert haben, nennt sie “Queen of Herbs” und ist sich sicher, Jekka McVicar begegnet vielem mit Leidenschaft, aber Kräutern mit einer ganz besonderen. Wie gut ich das verstehe! Seit ich zum ersten Mal als Mädel hinter einem Kochtopf stand, ging es bei mir um Kräuter. Zunächst um Salbeisud gegen Halsschmerzen, um Eibischwurzel bei Husten, mein Papa nannte mich seine Kräuterhexe. In seinem Gewächshaus war ich Dauergast und lernte. Er hatte fraglos nicht nur einen grünen Daumen, was immer er anfasste wuchs und entwickelte sich prächtig. Das, was ich praktisch über das Pflanzen weiß, nahm ich von ihm auf. Den Umgang mit exotischeren Gewächsen lernte ich später aus meiner Verbindung zu Büchern. Das man mit Salbei nämlich auch wunderbare Gerichte zaubern kann. Estragon zu trocknen, zu mörsern und mit Meersalz zu mischen, um ihn für Fisch auch im Winter duftend zur Hand zu haben. Gab es bei Papa eher keinen Rosmarin, für mich ist er ein Alleskönner, den ich sogar mit in die Sauna oder ins Bad nehme und aus meiner Küche nicht wegzudenken.

Das ein oder andere Kräutlein wächst heute in meinem Garten, weil es lecker ist, häufig hübsch anzuschauen, bzw. duftend ist, oder weil es auch die Bienen lieben. Als da wären Bronzefenchel, Arzneilavendel und der Borretsch, meine blaublütige Schönheit, die jedes Jahr an anderer Stelle wiederkommt. Zumeist da, wo ich es nicht vermute.

An Sommerabenden liebe ich mein Kräuterbeet besonders, dann wenn die ätherischen Öle der Bepflanzung sich mischen, in die warme Luft erheben und meinen nahegelegenen Sitzplatz erreichen.

Tiefer atmet meine Brust
Deine selig reinen Wellen,
Klare Nacht! Und unbewußt
Füllt mein Herz aus tiefen Quellen
Sich mit neuer Lebenslust.
aus Bergnacht von Hermann Hesse

Glück und Genuß liegen vielfach in den kleinen Dingen, nur achtsam zu sein und zu bemerken, was wie schmeckt oder duftet in unserem Alltag ist die Kunst. Das Gärtnern ist neben dem Lesen meine Passion und wenn es die Zeit erlaubt auch das Kochen. Wenn ich dafür quer durch den Garten Aromen verwenden kann, verbinden sich für mich zwei Leidenschaften auf wunderbarste Weise. Kein Wunder das, ich mich in dieses Kochbuch schockverlieben musste:

Das besondere Kräuterkochbuch von Jekka McVicar

Bei ihr habe ich passend zu meinem Liebling Estragon ein Rezept ihrer Großmutter gefunden und ich war sofort verzaubert, weil sie dazu folgendes schreibt: Ihre Oma empfahl es als “ein schnelles Essen für gute Freunde, die häufig zu Besuch kommen und deren Gesprächsstoff zu kostbar ist, um ihn durch zahlreiche Gänge zu stören.” Wunderbar ist nicht nur diese Aussage, weil sie unfassbar stellvertretend dafür steht, dass mit Liebe zu Kochen immer die Herzen anderer erreicht, sondern weil dieses Rezept Estragon mit Spinat und gekochten Eiern kombiniert, was ich so noch nicht versucht habe. Estragon und Kohlrabi gehen herrlich zusammen, aber Spinat? We will see! I will try!

Der Petersilien-Honig, wieder eines der unglaublichen Großmutter Rezepte in der Sammlung von Jekka. Dieses ist eines, das aus der Not im Zweiten Weltkrieg heraus geboren wurde, als Honig eine selten gewordene Leckerei geworden war, kochte ihre Oma Petersilie mit Zucker und Zitrone zu einem Sirup ein und verwendete ihn als Brotaufstrich. Klingt großartig, oder?

Was wäre das Kochbuch einer Britin ohne Minzsauce? Eben. Natürlich steuert uns Jekka McVicar auch ihr Rezept für eine solche bei, um der Wahrheit die Ehre zu geben, eigentlich ist es das ihrer Mutter, ganz einfach und schnell gemacht, hält sich die Sauce sieben Tage im Kühlschrank. 

Ganz praktisch führt das Kräuterkochbuch von Jekka alphabetisch durch ihre Top 50, ich arbeite mich Buchstabe für Buchstabe, Kraut für Kraut vor. Bei Z angekommen klingt für den Sommer ganz verlockend und herrlich das Zitronen-Verbenen-Sorbet. Auch ein gemischtes Zitrussorbet mit Zitronenmelisse lässt mir das Wasser schon beim Lesen im Mund zusammenlaufen. Zum Glück wachsen beide Kräutlein schon in meinem Beet und eine Crème Brûlée mit Verbene, diesem aromatisch-frischen Wunder steht jetzt ebenfalls auf meinem “Was-will-ich-davon-alles-nachkochen-Zettel”, gehört doch dieses Dessert zu den von mir bevorzugten.

Eine Butter mit Ysop, dem Josefskraut, habe ich mir notiert. Kennt Ihr Ysop? Sehr gut für die Fettverdauung, wirkt antioxidant und seine hübschen Blüten zieren wirklich jedes Beet. Genauso wie der Borretsch, das Gurkenkraut und bereits erwähnt, der sich bereichernd in Vinaigrettes einbringt. Auch Essig lässt sich mit ihm aromatisieren. Duftveilchen-Gelee, kandierte Veilchen, Ringelblumen-Farfalle, Ringelblumen-Kekse, oder auch eine Mandeltarte mit Orangen-Thymian klingen so köstlich! Meine Pimpinelle ist ebenfalls mit an Bord bei Jekka, sie fehlt auch bei mir in keinem Sommersalat. 

Das man Bohnenkraut eben nicht nur zu Bohnen nehmen kann, dass es auch ganz wunderbar zu einem Eintopf mit Pilzen passt und eine Butter mit ihm gegrilltes Fleisch veredelt, nehme ich dankbar auf. Genauso wie ich in dieses Rezept verschossen bin, es stammt von Vicki einer Mitarbeiterin aus Jessicas Gärtnerei, sie zaubert mit Basilikum ein Paprikagemüse mit Chilli und Pesto. Hmmmh!

Milchreis mit Lorbeer – Wow! Ein Mousse aus weißer Schokolade damit aromatisieren. Muss ich probieren. Unbedingt! Auch das Lorbeersalz wird demnächst in meinem Küchenschrank stehen. Ich muss mir noch einen kleinen Strauch zulegen, hatte lange selbst keinen im Garten. Was für ein Aroma-Wunder ist das denn bitte? Bislang hab ich ihn nur in die Suppe getan! Wie konnte ich ihn nur so unterschätzen. Wohl nicht umsonst haben die Römer ihre Sieger damit bekränzt. Die wussten auch was gut ist. Derweil ich über die auf diesen Seiten versammelte Buntheit und Vielfalt staune!

Passende Konservierungsmethoden, also welches Kraut kann man wie noch über seine Gartenzeit hinaus verwenden um sein Aroma zu erhalten, dabei sind das Trocknen und das einfache Einfrieren sicher die Klassiker, ein Schnittlauch-Eiswürfel ungewöhnlich, ein Dill-Essig inspirierend, geeignete Verfahren sind bei jedem vorgestellten Kräutlein aufgeführt. Tipps und Tricks für die Zubereitung, sie ist ein Profi und auch Honig Somelière, hatte ich das schon erwähnt? Sie hat an alles gedacht, diese:

Jessica “Jekka” McVicar, geboren 1951 in der Grafschaft Sommerset. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, mit dem sie seit 1976 verheiratet ist, gründete sie 1987 eine Kräuterfarm in der Nähe von Bristol. Jekkas Herb Farm ist mittlerweile die Heimat von 650 verschiedenen Sorten und damit die größte Sammlung an Küchenkräutern im Vereinigten Königreich. Mehr als 60 Goldmedaillen hat Jekka auf Blumenschauen der Royal Horticultural Society gewonnen. Wurde 2012 ausgezeichnet mit dem Garden Media Guild Lifetime Achievement Award, “für u.a. ihre Verdienste und herausragenden Leistungen im Bereich des biologischen Kräuteranbaus. 2017 wurde ihr für ihre Verdienste um den Gartenbau die Victoria Medal of Honor verliehen.

Über sich selbst sagt Jessica, dass sie an Kräutern besonders ihre Vielseitigkeit fasziniere und das obwohl sie seit Jahrhunderten zur Menschheitsgeschichte gehören, wir noch immer nicht ihr Potential kennen. Ihre Großmutter Ruth Lowinsky, die als Kochbuchautorin, zwischen 1930 und 1950 ihre Bücher veröffentlichte, hat sie zum eigenen Schreiben gebracht, ihre Tochter steuerte für das hier vorliegende Schmuckstück von einem Kochbuch die Illustrationen bei. 

Mich hat Jekka McVicar begeistert, ich liebe ihr Kochbuch und es ist führwahr mehr als besonders, schenkt es doch den kleinen Aromawundern in unseren Küchengärten genau die Aufmerksamkeit, die sie schon lange verdienen und kommt dabei auch noch künstlerisch ums Eck.

Was ist mit Euch, wo sind die Fans und Kräuterköchinnen, die Jekka noch nicht kennen? So wie ich zuvor und die sich darauf freuen, in ihren Ideen zu blättern und sie sich auf der Zunge zergehen zu lassen. Schaut mal, hier kommen ein paar Innen- und Außenansichten. Die Fotos des Außen sind inmitten meines kleinen Beetes entstanden, als Hommage beschattet mein buntblättriger Salbei das Cover ganz zart:

Das dieses Buch aus dem Prestel Verlag eine Schönheit ist, wird niemanden wundern, dieser Verlag steht seit je her für seine Schmuckstücke. Ich durfte es besprechen und bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich dafür! Dieses Buch ist ein Geschenk. Nicht nur für mich, sondern für alle Koch- und Kräuterfans und für alle, die sich selbst eines machen wollen. Guten Appetit! Ich bin dann mal ernten!

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