Als die Bäume streikten (Jürgen Runau)

Es ist soweit. Es ist Samstag und spät. Ein Spitzentreffen im Kanzleramt steht an. Niemand hat Lust, aber alle sind da. Lächeln werden angeknipst, Politiker schnappen nacheinander und ein. Deutschland geht die Luft aus. Buchstäblich und wortwörtlich. Immer mehr Menschen landen in Kliniken, leiden unter extremer Atemnot.

Als die Bäume streikten von Jürgen Runau (als Hörspielbuch produziert von Markus Hahn)

Es würde wohl nicht mehr lange dauern bis die Umweltaktivisten auf die Barrikaden gingen, während die Wissenschaft sich Wissen verschaffte und die Politik beriet. Als hätte man das nicht alles längst kommen sehen. Unken die Einen. Alles reine Übertreibung hört man die Anderen …

Ein Schelm, wer jetzt Böses dabei denkt und wem sich hier Parallelen zu unserem Umgang mit der Corona-Pandemie aufdrängen. Plötzlich hat es Millionen von Experten und alle haben eine Meinung, die sie auch äußern, versteht sich. Vorteilsnahme im Amt geht immer, da gilt nur, man darf sich halt nicht erwischen lassen. (Mir dünkt als hätt’ ich grad’ die Nachrichten angemacht …)

Dann spricht sie einer aus, die Theorie, es könne ein Streik sein. Das mit den Bäumen. Die die Fotosynthese einstellen, nur weil sie das können? Die Presse stürzt sich auf das Thema. Es hagelt Spott. Das war doch alles nicht ernst zu nehmen. Gut, wenn das Volk noch lachen konnte, das verschaffte den Regierenden Zeit.

Die Fridays for Future lassen grüßen. Es gründet sich eine Jugendbewegung, die versucht Mitstreiter zu gewinnen, ihr Motto: Umarmt die Bäume! 

Für die Politik hingegen müssen pragmatischere Maßnahmen her, der Ruf nach drastischen Einschränkungen wird laut. Und dann das!

Vielleicht konnte man Luft, also den Sauerstoff aus ihr ja auch in Flaschen abfüllen? Einen neuen Industriezweig gründen. Und bloß keine Horrorszenarien zeichnen, es gab ja schließlich noch genug gesunde Seeluft und auch Luft an anderen Orten. Denn dieses Phänomen hörte an Deutschlands Grenzen auf. 

Aber wie an die fremde Luft rankommen? Wie konnte man sie verteilen, verfügbar machen für jedermann? Bezahlbar? Ließen sich Tankstellen dafür umrüsten?

Spekulationen über Spekulationen, fieberhaft wird nach marktwirtschaftlich tragfähigen Lösungen gesucht.

Eine Fernsehansprache der Kanzlerin soll Panik verhindern. Sie kann sowas. Künftige Schlüsselfiguren suchen derweil nach der passenden Krawatte. Will man politisch Karriere machen, kommt es auch darauf an. Nichts darf man dem Zufall überlassen. In der Krise gilt es schließlich sich zu beweisen. In ihr werden Helden geschmiedet.

Tolkien Fans wissen, Bäume sind kriegsentscheidend. In der Schlacht um Isengart sind es die Baumhirten, die das Blatt wenden. Lange hatten sie bedacht zugeschaut, wie die Welt um sie herum in Brand gesteckt wurde. Tatenlos, dann aber greifen sie ein und durch. Daran hat mich Runaus Geschichte ein wenig erinnert. Auch er verpackt hier mit Humor nicht nur eine Botschaft, die wir besser nicht überhören sollten. Unsere Umwelt ist schützenswert, es aus reiner Bequemlichkeit nicht zu tun, wir wissen wohin das führt. Ein wenig mehr an Gemeinsinn steht uns ebenfalls gut zu Gesicht und politische Entscheidungen dürfen durchaus sachlich hinterfragt werden.

Markus Hahn, hat es wieder getan. Ein Hörspielbuch produziert, das aus dem Rahmen fällt und diesmal sitzt er selbst, allein, coronaconform vor dem Mikrophon. Aus der Buchvorlage von Jürgen Runau ist es entstanden, aus dessen dystopischer Parabel. Es ist das erste Buch des vitalen 85zig Jährigen Runau aus Schwabach, der hier überaus eingängig über die Sachlage plaudert, mit Wortspielen, die gewaltig Laune machen. Etwa wenn er meint der Auftrag einer Regierung laute, das Notwendige zu tun, “die Not zu wenden”.

Lakonisch und mit jeder Menge Seitenhiebe auf den Politbetrieb und unser Verständnis von Umweltschutz, Lobbyismus und Gewinnlertum, lässt uns Runau in den Spiegel schauen, den meisterlich Hahn in seiner Hand hält. Humorvoll, ironisch und sicher in den Dialekten die er stimmlich anpackt.

Ich bin Fan seiner Produktionen, dass nicht erst seit gestern, er und sein Team sind mir ein Garant für beste Unterhaltung auf hohem Niveau. Jetzt bin ich auch Fan von ihm als Sprecher. Sein Augenzwinkern kroch mir förmlich in die Ohren und mein Kopfkino lief los, da hatte ich noch keine drei Sätze gehört. So muss das sein. Auf den Punkt.

Volltreffer. Der Vorhang im Hörtheater fällt. Ich springe von meinem Sitz und applaudiere stehend. Das hat mir riesig Spaß gemacht, die Herren! Kurzweilig, bissig, ungeheuer unterhaltsam, dabei könnte diese Kuriosität von einer Idee auch noch wahr sein, respektive werden. Wie auch immer, ich hoffe nicht. Aber ich wünsche mir, das viele von Euch, sich dieses kleine, feine Stückchen grandioser Hör-Unterhaltung gönnen und ich garantiere Euch, ihr werdet nicht nur einmal beifällig nicken.

Auf meinen Spaziergängen in den letzten Tagen habe ich für Euch noch ergänzend ein paar frische Waldeindrücke eingesammelt. Der Borkenkäfer war leider auch bei uns nicht untätig und die Trockenheit der letzten Sommer hat ihre Spuren im Wald hinterlassen. Damit er für uns ein Erholungsort bleibt dürfen wir ihn nicht vergessen, nicht nur weil heute der Tag des Baumes 2021 ist  …

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