Karfreitag, 14.04.2017
Klaus Maria Brandauer, sofort habe ich sein weiß geschminktes Gesicht vor meinem geistigen Auge, wenn ich jemanden “Mephisto” sagen höre. In der grandiosen Verfilmung des gleichnamigen Romans von Klaus Mann, schlüpfte Brandauer 1981 in die Rolle des Schauspielers Hendrik Höfgen. Unvergessen seine Darstellung des “Mephisto” aus Goethes Faust. Gänsehaut pur, Gestik, Mimik, Intonation – er gab dem ewig Bösen sein Gesicht! In zahlreichen anderen Filmen gab er weiteren Schurken seine Gestalt, als hassenswerter Ehemann der Tanja Blixen in “Jenseits von Afrika” ebenso, wie als fieser James Bond Gegenspieler. Würde der Roman, den ich Euch heute vorstelle verfilmt werden, wüßte ich genau welche Rolle durch Brandauer zwingend besetzt werden müßte …, schaut mal selbst:
Des Teufels Gebetbuch (Markus Heitz)
Gegenwart; Die Ostsee vor Tallin, eiskalt, aufgewühlt, die ersten heftigen Windböen künden von einem herannahenden Sturm. Der teuerste Champagner der Welt, ein Veuve Cliquot von 1780, dreiundfünfzigtausend Euro die Flasche – nach heutigen Maßstäben. Geborgen aus dem Frack eines Seglers und die Bergungsmannschaft tot …
Vergangenheit; Leipzig. Bastian Kirchner ist ein junger, außerordentlich begabter Kupferstecher. Er ist mit seiner kleinen Familie nach Leipzig gekommen um hier Arbeit zu finden. In seiner Heimatstadt Altenburg, dem Mekka der Spielkartenmacher, gibt es zuviel Konkurenz und zu wenig Lohn. Heute feiert er. Denn er hat eine Anstellung gefunden, bei einem angesehenen Drucker und das Beste daran ist, er darf hier sogar an seinen geliebten Spielkarten arbeiten. Seinen neuen Dienstherren hat er auf Anhieb überzeugt mit einem selbst gestalteten Kartendeck. Mit Goethe, einem jungen Studiosus hat er sich jetzt verabredet, in Auerbachs Keller.
Dort in feucht fröhlicher Runde fordert man ihn dann auf, sein Erfolgs-Kartenspiel herzuzeigen. Widerstrebend tut er es auch, denn zu schade sind sie ihm eigentlich, seine Karten-Schätze, zu schade um mit Wein- oder Bierflecken verschmutzt zu werden. Kaum wandern die Karten dann aber zwischen den Studiosi von Hand zu Hand, steht plötzlich ein alter Mann in der Gaststube, still beobachtet er zunächst die Kameraden und vor allem Bastian. Als der Mann still an ihren Tisch tritt, ist allen unheimlich zu Mut, die Raumtemperatur scheint zu sinken, sogar in heftigen Streit verfallen sie grundlos miteinander. Einzig der Alte scheint unbeeindruckt von dem Durcheinander. Ruhig stellt er sich Kirchner als Herr Dietrich vor und macht ihm unvermittelt ein Angebot: Für ihn soll er arbeiten, nur ein einziges Kartenspiel will er haben und es soll sein Schaden nicht sein …
Gegenwart; Monte Carlo. Hohe Einsätze sind für ihn kein Problem, sondern ein besonderer Nervenkitzel. Gleichgesinnte zu finden um dies auszuleben, sein ständiges Bestreben. Als der junge Unternehmer aber begreift nach welchen Regeln hier Superieur gespielt wird, ist es schon zu spät für einen Rückzieher. Der Nervenkitzel den er gesucht hat ist längst blanker Angst gewichen und er hofft, dass das Pik Ass, die Todeskarte, nicht am Ende auf seiner Kartenhand landet …
Gegenwart; Avignon. Mindestens achtzig muss Madame Darlons mittlerweile sein. Die Restauratorin gilt als verschroben und ganz Avignon weiß, dass sie Besuch ganz und gar nicht mag. Das Scharren, die Stimmen in ihrem Keller, das Klirren und Rasseln – es klingt als komme es von Ketten. Der Geruch der unter der Gewölbedecke hängt ist feucht und modrig wie in vielen Weinkellern, aber da ist noch etwas anderes, metallisch und schwer hängt es in der Luft. Merkwürdig auch, das die Polizei sich seit kurzem rühmt alle Bettler und Obdachlosen aus der Stadt vertrieben zu haben …
Gegenwart; Baden–Baden. Thadeus Boch, dereinst an den Spieltischen der Welt gefürchtet für sein Poker-Talent, dann abgestürzt im Alkohol- und Drogenrausch, überschuldet und spielsüchtig, tritt die Nachtschicht an. Im Spielkasino von Baden-Baden ergänzt er mittlerweile das Sicherheitsteam vortrefflich, denn er kennt sie alle, alle Tricks. Vom Kartenzählen über das Kartenzinken bis hin zu Geheimzeichen jeglicher Art, seinem wachsamen Auge entgeht nichts. Beherrscht, verbindlich und mit der notwendigen Umsicht entfernt er schummelnde Spieler von den Tischen und wenn nötig aus dem Casino. An diesem Abend ruft ihn seine Chefin zu einem ganz besonderen Exemplar der Gattung “überheblicher Überflieger”. Der unleidliche Sprößling eines steinreichen russischen Oligarchen rüpelt sich nach allen Regeln der Kunst durch eine Poker-Runde. Boch gelingt es, den jungen Mann an die Luft zu setzen. Auf dem Weg nach draußen verliert der Oligarchen Sohn eine wertvolle historische Spielkarte auf dem Casino Teppich und nicht Boch findet die Karte, sondern die Karte findet Boch …
Markus Heitz, habe ich Euch schon mit zweien seiner Romane in meinem Blog vorgestellt. Wenn es um gut gemachte Thriller mit phantastischem Einschlag geht, oder auch um einen wendungsreichen Fantasy-Plot gehört er zu meinen Lieblingen. Mit seinem neuesten Roman “Des Teufels Gebetbuch” verbindet er gewohnt gut recherchiert historische Fakten mit einem hoch spannenden Plot. “Kartenschicksale und Schicksalskarten”. Er spielt mit Anleihen an Goethes Faust, läßt eine seiner Schlüsselfiguren sogar auf Goethe selbst treffen und verarbeitet auch Auerbachs Keller in Leipzig als wichtige Location. In bester James-Bond Manier jagt er den alternden Ex-Profi-Kartenspieler Thadeus Boch mit einer jungen koreanischen Ärztin in einer blutigen Hatz um den Globus. Exotische Schauplätze wechseln sich mit dem guten alten Europa ab. Filmreif erzählt, mehr als eine Szene erinnert mich dabei an die alten Indiana-Jones-Filme und das meine ich ganz und gar positiv. Sind gute Abenteuergeschichten und Filme doch mittlerweile dünn gesäht. Zarten Gemütern unter den Spannungslesern sei gesagt, bei Heitz wird zumeist blutig gekämpft und gestorben, das gerne auch mal reichlich blutig und auch hier spart er nicht mit dem Vergießen des Lebenssaftes. Ich bewundere seine Kreativiät, seine Akribie in der Recherche, seine Liebe zum Detail (ein Kartenspiel sammt Regeln hat er es sich hier erdacht). Da verzeihe ich ihm auch mal den ein oder anderen tödlichen Messerstich den er für meinen Geschmack zuviel setzt …
Hörbuch: Wer meinem Blog schon ein bischen länger folgt, dem verrate ich kein Geheimnis wenn ich sage, wie immer habe ich Heitz nicht selbst gelesen, sondern gehört und das mit voller Absicht. Denn wenn Uve Teschner als Sprecher drauf steht, ist auch garantiert Teschner drin. Unfassbar was dieser Mann aus den Geschichten herauszuholen vermag. Meine Augenbrauen schnellen erschrocken nach oben, mein Puls beschleunigt sich, wenn er seine Stimme erhebt – oder flüsternd senkt … Gänsehaut-Garantie!!! Ein Heitz ohne Teschner – für mich mittlerweile undenkbar.
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