Freitag, 31.03.2017
Das mein Herz nicht nur für Bücher schlägt, sondern auch für meinen Garten, für alles was grün ist und blüht, habe ich in meinem Blog ja schon verraten. Gerne tauche ich beim Lesen auch mal ab in ein vergangenes Jahrhundert. Bei Fernsehserien mag ich das herrlich Steife der englischen Aristokratie, “Das Haus am Eaton Place”, “Downton Abbey”, “Der Doktor und das liebe Vieh” oder die “Onedin Linie” gehören hierbei zu meinen Lieblingen. Wenn sich Botanik, Abenteuer und vergangene Zeiten verbinden, in einer Geschichte, die noch dazu die Biografie einer vergessenen Frauengestalt verarbeitet hat, war klar, das ich sie lesen mußte:
Vom anderen Ende der Welt (Liv Winterberg)
1785, der Hafen von Plymouth. Mary Linley steht am Kai, den Blick in die Ferne gerichtet. Das Meer wütet und schwer rollen die Wellen in den Hafen, wühlen ihn auf. Noch keine sieben Monate ist es her, heute sind es genau hundertsiebenundachtzig Tage, da stach ihr Vater in See. Vor Tagen dann die Meldung, sein Schiff sei bei Kap Horn zerschellt, es gab keine Überlebenden. Als Arzt und Botaniker war er ihr ein guter Lehrer, hat in ihr die Leidenschaft für das Zeichnen, die Botanik geweckt, sie ausgebildet.
Wie kann Tante Henriette nur die Schwester ihres Vater sein? Diese beherrschte Frau hat so gar nichts mit ihrem Vater gemein. Seit Monaten schon schleppt sie einen Verehrer nach dem anderen für Mary an. Macht ihr Vorwürfe. In ihrem Alter, mit neunzehn, habe sie bereits einem Haushalt vorgestanden, war ihrem Mann eine gute Ehefrau gewesen. Zum Nähen, Putzen, Kochen sei eine Frau bestimmt. Blätter und Blüten sammeln, Schmetterlinge und andere Insekten auf Nadeln pieken – alles Flausen, die sie, Mary sich schleunigst aus dem Kopf schlagen soll. Jetzt wo ihr Vater tot sei, muß sich schließlich jemand finden, der für sie sorgt.
Mary steht fassungslos vor dem halb leeren Arbeitszimmer ihres Vaters, Tante Henriette hat nahezu alles verkauft oder wegschaffen lassen was ihrem Vater heilig war! Wie kann sie es nur wagen, sein Lebenswerk, alle Spuren so einfach auszulöschen. Mary muß hier raus!
Der Bürovorsteher von Sir Carl Belham ist wütend, richtig wütend. Eine Unverschämtheit ist das, beschimpft er Mary, sie ein Weibsbild will was? Als botanische Mitarbeiterin auf dem Expeditionsschiff “Sailing Queen” anheuern? Nach Hause zu ihrem Stickrahmensoll sie sich scheren. Auf die Mappe mit ihren Zeichnungen hat er nicht einmal einen Blick geworfen. Doch so schnell läßt sich Mary nicht entmutigen, in ihr reift eine Idee …
Als die erste Locke fällt, gibt es für sie kein zurück mehr. Sie wird sich noch einmal bewerben um auf der Expedition der “Sailing Queen” in den Pazifik, nach Tahiti, mit dabei zu sein, diesmal aber nicht in Frauenkleidern! So wird aus Mary Linley der Zeichner Marc Middleton und es gelingt, man heuert sie an.
Wird es Mary gelingen Ihre Tarnung auf einem Schiff voller Männer aufrecht zu halten? Kann sie die Strapazen einer solchen Seereise überstehen? Was ihr dann beinahe zum Verhängnis wird, hatte sie für sich schon gänzlich ausgeschlossen …
Liv Winterberg wurde 1971 in Berlin geboren. Dies ist ihr erster Roman und mit ihrer Figur der Mary zeichnet sie das Leben der Jeanne Baret nach. Ist der Name Jeanne Baret in Frankreich einigen noch geläufig, so kennt sie in Deutschland nahezu niemand. Vergessen sind ihr Mut und ihr Einsatz für die Wissenschaft. 1768 sticht Jeanne Baret, verkleidet als Mann alias Jean Barè mit Kaptiän Bougainville in See. Sie ist ausgebildete Botanikerin, lebt über Monate auf engstem Raum mit Wissenschaftlern und Seeleuten zusammen. Teilt sich mit ihnen Quartier und Sanitäreinrichtungen. Eine faszinierende Frauengestalt, eine farbenprächtige Geschichte, die glaubwürdig dem Frauenbild im 18. Jahrhundert nachspürt. Spannend und kurzweilig nimmt man an einer Seereise teil, zu der Zeit als noch nicht alle Kontinente entdeckt, noch nicht alle Seekarten gezeichnet waren. Schiff ahoi!
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